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Kommunikationsformen

Musik

Jazz, Blues, Rap oder brasilianischer Samba: Musik ist das häufigste Mittel der so genannten Unterschicht, ihre Lebensart zu publizieren und zu verteidigen. Analphabetismus oder kollektive Tätigkeit, egal, Musik schafft den Zugang zu nahezu allen sozialen Schichten. Wer gehört wird, kann was verändern.
Unter der Diktatur (bis 1972) entwickelt sich eine musischen Protestbewegung, deren Anfänge in der Musikszene mit Sängern wie Joao Gilberto, Caetano Veloso und Maria Methania zu hören sind. Die Leichtigkeit des BossaNova, mit den lyrischen Texten vom einfachen Leben der Menschen, der in Kneipen wie öffentlichen Plätzen gespielt wird, verweigert sich jeder Vereinnahmung durch die Politik der Machthaber und wirkt dadurch erst recht subversiv.

"Meinungsfreiheit/ Lass mich reden, Hurensohn,/ Meine Meinung//
Meinungsfreiheit macht eine Nation aus/ Nicht Geld oder sein Gegenwert//
Hört genau zu, was ich zu sagen hab’/ Bewusstsein und Auflehnung ist das, was ich brauch’/ Denn mein Kopf verlangt nur HxCx und Reggae/ Die Message kommt von der Straße, da gibt’s nichts zu verstecken/ Mein Geheimnis lautet, ich bin ohne Furcht/ Es lohnt sich nicht zu leben, wenn ich nicht sagen kann, was ich will/ Ob richtig oder falsch, offen oder verdeckt,/ Nur wer den Rhythmus des Calango spürt, wird sich verändern"

Musik übernimmt die Funktion der unabhängigen Presse und ist Vorläufer des Lokalradios. In den Siebziger Jahren verschärft sich der Widerstand der Favelados, sie etablieren sich in durchstrukturierten Organisationen. Lautsprecheranlagen werden in verschiedenen Favelas installiert. In ‚Nova Brasil’ las José, einer der Initiatoren der AMBNB jeden Abend aus der Zeitung vor, berichtete über die nächsten Schritte der Organisation und bat um Mithilfe für Demonstrationen etc.

Heutzutage zählt man pro Favela durchschnittlich ein Lokalradio; im Zentrum gibt es zum Teil doppelt so viele Radios pro Favela, die (inter)national zusammenarbeiten.
Gil_2004 (6K) In Brasilien kein Wunder, dass Präsident Luiz Inacio Lula da Silva 2003 dem zweiundsechzigjährigen Musiker und gelernten Unternehmensberater Gilberto Gil den Posten des Kultusministers anbot. Gil will nun den Samba als Weltkulturerbe vermarkten. Doch damit nicht genug: Rapper aus Megastädten wie Rio und Sao Paulo arbeiten erstmals mit den traditionellen Repentista-Duos des Nordostens zusammen, die gereimten Wechselgesang aus dem Stegreif abfeuern; in Amazonien werden CDs von Künstlern direkt produziert und vertrieben, die andernfalls keinerlei Marktchancen hätten; Brasilien soll endlich ein Karnevalsmuseum erhalten; schon im letzten Jahr sollten die ersten zwanzig Kulturzentren namens BAC = ‚Base de Apoio à Cultura‘ (Stützpunkt zur Kulturförderung) in Armenvierteln aus Fertigbauteilen errichtet werden. Allerdings kam der Minister deswegen in Schwierigkeiten. Was ihn zwang, fast sein gesamtes Führungsteam auszutauschen. Für Monate blieb das Kulturressort quasi gelähmt und die Krise ist bis heute nicht überwunden.
Behindert sieht sich die weltweite Vermarktung brasilianischer Musik auch aufgrund fehlender Kulturabteilungen in den Botschaften. Das will Gilberto Gil rasch ändern; womit er eindeutig auf die politische Dimension von Musik verweist.

Da jede Musikrichtung für eine bestimmte Lebensphilosophie steht, zu der Kleidung, Gehabe, Denkweise, Freunde und Feinde gehören, wird hier eine Auflistung nach Genre gemacht. Samba und Carnaval sind die Prototypen der Protestaktionen. Ab den Achtzigern kommen drei weitere Genres hinzu: HipHop, AfroReggae und BaileFunk.

Auszug des Liedes Deixa eu falar von Raimundos, 2005

Associação dos Moradores do Bairro de Nova Brasília